Atemlos? Besser vollständig atmen!

Als Kleinkinder konnten wir alle mal vollständig atmen. Im Lauf der Zeit verlernen wir diese Fähigkeit leider allzu leicht. Und im hohen Alter atmen viele von uns zunehmend flach und uneffektiv. Natürlich kann sich verschlechternde Atemfähigkeit Ausdruck einer Erkrankung sein. Wer Atem-Probleme hat, sollte im Zweifel zum Arzt gehen, um sicherzustellen, dass keine ernsthafte Erkrankung dahintersteckt. In vielen Fällen ist die Atemlosigkeit aber schlicht so etwas wie ein zivilisationsbedingter Schaden. Die gute Nachricht: Gegen den können wir etwas tun. 

Wenn wir nicht mehr frei und vollständig atmen können, ist das oft nicht krankheitsbedingt, sondern Ausdruck falscher, also vor allem gekrümmter oder nachlässiger Haltung und auch insbesondere von Stress, der als Verspannung ausgedrückt die Muskeln anspannt – unser Kampf- oder Fluchtreflex sorgt dafür – und letztlich das freie Atmen so behindert. Wenn wir das zulassen.

Vollständiges Atmen hält uns gesund

Die gute Nachricht ist: Wir können uns unsere Fähigkeit zurückerobern, die wir mal hatten: vollständig zu atmen.

Das ist ein wichtiges Ziel auch der Qigong-Übungen.

Dass vollständiges Atmen eine gute Sache ist, leuchtet unmittelbar ein. Die Sauerstoffversorgung unseres Körpers und unseres Gehirns steigt. Wir können uns besser konzentrieren, fühlen uns munterer und zugleich ausgeglichener, stärker. Das können wir fühlen. Wie wichtig unsere Lungen-Energie für unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit ist, darüber war hier ja auch schon zu lesen.

Darüber hinaus ist Atmen lebensnotwendig und hält uns auch westlichen Erkenntnissen zufolge gesund. Studien zufolge ist Sauerstoffmangel eine von zwei der grundlegenden Ursachen für chronische Erkrankungen, hat Adrian Schmieder in einem Vortrag auf dem Taijiquan- und Qigong-Kongress in Frankfurt 2017 erklärt – neben Entzündungsreaktionen. Der Heilpraktiker und Qigong-Lehrer aus Frankfurt arbeitet unter anderem als Qigong-Lehrer in der Krebstherapie und ist im Lauf der Jahre und auch eigener Forschungen tief in die wissenschaftlichen Studien eingetaucht.

Unsere Medizin: 3 mal täglich und nach Bedarf vollständig Atmen

Foto: Midia Nuri

An sich braucht der Atem unsere Hilfe und Aufmerksamkeit nicht – wenn alles gut läuft. Aber die meisten von uns zivilisierten Menschen werden zunächst schon zumindest ein kleines bisschen üben müssen, um wieder vollständig zu atmen. Die Zeitschrift GEO hat hierfür mal eine sehr brauchbare Anleitung gegeben, wie wir richtig atmen lernen können.

Ich empfehle gern, das mit dem Atmen anzugehen wie die vorübergehende Einnahme einer notwendigen Medizin – die das vollständige Atmen ja auch ist: drei mal täglich drei Atemzüge. Und nach Bedarf. Einige Wochen lang.
Der Rest ergibt sich.

  • Konkret
    muss zu Beginn der Atem zumindest einmal vollständig oder zumindest gefühlt erleichternd entweichen. Ein paar seufzende Atemzüge vorab können helfen. Wer sich schwer tut: Mal die Finger anspannen und beobachten, wie sich der Atem verändert. Etwas zur Ruhe kommen ist für die kurze Übung auch hilfreich – Fußsohlen spüren beispielsweise hilft.
  • Ist der Atem dann so einmal vollständig entwichen, warten wir als nächstes einfach den nächsten Einatemzug ab. Der wird von selbst kommen.
  • Die weiteren drei oder mehr Atemzüge beobachten wir einfach und nehmen uns die Zeit, die es braucht, um sie vollständig ein- und auszugehen zu lassen.

Dreimal täglich und nach Bedarf. Wer diese Medizin regelmäßig anwendet, wird wahrscheinlich recht bald auch in der übrigen Zeit tiefer atmen. Sobald die Medizin Durchatmen erstmal wirkt. Es lohnt sich, dabei wie von GEO beschrieben, öfter mal die Hände auf dem Körper zu platzieren und den Atem bewusst zu spüren – ohne Ausdehnung kein vollständiger Atem. Es sollte sich also auch etwas bewegen.

Keinen Druck – lieber Geduld

Wichtig ist, dass wir beim bewussten Atmen keinen Druck ausüben – ganz entspannt atmen ist die Devise. Mir hat dabei folgender Tipp meines Lehrers Gerhard Milbrat sehr geholfen: Ohne Druck ausatmen mit der Vorstellung, dass der Atem so wie an kalten Tagen jetzt gerade beispielsweise als Dampfwolke entweicht – wie von selbst und eine weiße Wolke.

Einfach eine Weile dreimal täglich üben. Sich nicht ärgern, wenn nicht gleich alles sofort zuverlässig klappt. Einfach ein bisschen Geduld haben und weiter üben.

Viel Freude dabei.

Und wer die Gelegenheit hat, mal kleinen Kindern beim Atmen zuzusehen und sich auch etwas von ihrer Körperhaltung und ihren Bewegungen abzuschauen: Die Gelegenheit sollten Sie /solltest Du nutzen.